Routine steht ihr nicht

Routine steht ihr nicht. Sie macht kein Projekt zweimal, jede Geburtstagskarte, die sie zaubert, sieht anders aus. Sie ist kein Gewohnheitsmensch, sie mag immer wieder neue Dinge erfinden und umsetzen, neue Menschen treffen, neue Wege gehen. Aber seit, naja, eben seit, spaziert sie wiederholt die gleiche Runde. Aber seit, naja, eben seit erdet sie die Routine des die-gleiche-Runde-Drehens, die Routine dieses einen Weges. Diese Routine, diese eine Runde wurde jedes Mal durch etwas Schönes, etwas Berührendes, etwas, das ein Lachen, Staunen oder Tränen hervorgerufen hat, unterbrochen. Jedes Mal an einer anderen Stelle, an einer anderen Weggabelung, bei einer anderen Brücke.

Ganz bewusst macht sie sich allein auf den Weg – das ist im Moment die einzige Stunde am Tag, in der sie wirklich alleine ist. Ohne Kinder, ohne Katze, ohne Computer, ohne Telefonate, ohne Arbeit. Sie mag ihre Kinder, sie mag Menschen, sie mag ihre Arbeit. Die Katze ist auch OK. Aber diese eine Stunde allein ist wichtig, ist ihr wichtig, tut ihr gut. Dieser Weg wurde inzwischen zur fast täglichen Routine, die Uhrzeit des Gehens ist aber nicht routiniert. Der Zeitpunkt des Anziehens der Turnschuhe, des Einsteckens der Kopfhörer, des Aussuchens des Podcasts oder der Musik wird davon determiniert, wann der Kopf Luft braucht, wie dick die Luft zu Hause ist, was an dem Tag noch ansteht. Podcasts und Musik sind die einzigen zwei Begleiter, die sie mit auf den Weg nimmt.

Nur einmal, da nimmt sie einen Freund mit, in ihrem Ohr. Er wohnt in einer Großstadtwohnung mit seiner Familie. Kein Balkon, alle Parks geschlossen. Sie nimmt ihn mit auf ihren Spaziergang in die Natur. Sie bringen einander auf den neuesten Stand bzgl Gemütslage, Schulaufgaben und Liebesleben. Er redet trotz Leben auf engstem Raum noch mit seiner Frau – ein Erfolg! Bei ihr hat noch kein Prinz einfach so an die Tür geklopft – kein Erfolg! Ist wohl auch eingesperrt, der Herr Prinz. Das Gespräch führt über Alltägliches, zur Arbeit, hin zum „bis zum nächsten Mal“ Sagen. Sie geht beflügelt weiter – es war schön, mit ihrem alten Freund ein Stück des Weges zu gehen.

An einem anderen Tag, einem Wochenend-Tag, an dem sie schon beim Aufwachen schlechte Laune hatte, begleitet sie ein Podcast. Eine alte Geschichte sitzt ihr in den Knochen, sie verspürte gleich nach dem Morgenkaffee das Bedürfnis, an die frische Luft zu gehen, es sich aus den Knochen zu spazieren. Und tatsächlich, nach ca 20 Minuten muss sie grinsen. Das Thema des Podcasts: „Was möchtest du als Erstes tun, wenn du wieder darfst?“ Während sein Sohn sich einfach wieder mal mit seinen Freunden treffen möchte, freut sich der Podcaster auf ausgedehnten Sex mit seiner Frau. Was für ein schöner Wunsch! Einfach Zeit haben, sich Zeit nehmen. Der darauf folgende Austausch zwischen dem Podcaster und seiner Gesprächspartnerin resultiert in einem lauten Lacher. Mission accomplished, alte Geschichte aus den Knochen gelacht (für heute zumindest).

Ihre Freundin schreibt ihr: „Der Mann hat gesagt, dass er dich gesehen hat. Auf die Frage, worüber ihr denn geredet habt, meinte er: ich rede doch nicht mit den Leuten“
Sie antwortet: „Die Stunde, die Runde, die gehört mir ganz allein. Da rede ich auch mit niemandem.“
Sie mögen sich, reden gern miteinander, „der Mann“ und sie. An diesem Tag sahen beide die Notwendigkeit eines Gesprächs als nicht gegeben. Ein herzliches Zunicken genügte. Und wieder eine Begegnung, die die Routine durchbrochen hat, ganz ohne Worte.

In den letzten zwei Tagen hat sie viel mit A kommuniziert. Sie will eine neue Homepage aufbauen, A unterstützt sie dabei. Email umleiten, Domain hosten, Content füllen…. das waren ihre Themen, nun kommt er ihr mit dem Fahrrad entgegen. Es freut sie, ihm zu begegnen, denn nun kann sie ihm persönlich für seine Hilfe danken, nicht nur per Daumen hoch oder Smiley auf whatsapp. Ein in die Augen Schauen und Danke Sagen – das ist viel schöner, bedeutet mehr.

Eines Tages glaubt sie, dass sie die Runde ganz alleine schafft, ohne mit jemandem reden zu „müssen“, ohne einen Menschen zu sehen. Sie hat schon ¾ der Strecke hinter sich, da sieht sie einen Mann vor einer alten Hütte in der Sonne sitzen. Sie erkennt ihm, den Bänkchen-Sitzer, beim Näherkommen. Ihr Onkel, 80 Jahre alt, Bier in der Hand, das Leben genießend. Natürlich bleibt sie stehen und vergisst sofort ihr Verlangen nach dem Allein-Sein. sie mag ihren Onkel sehr. Bei jeder Begegnung mit ihm nimmt sie eine Geschichte mit, eine Anekdote aus seinem einfachen und einfach zufriedenen Leben. Schon oft hat sie sich später beim Teilen seiner Geschichten ertappt.

Zweimal begegnet sie ihm auf der Runde, beides Mal am gleichen Fleck, auf der gleichen Bank. Beim zweiten Mal ist er nicht allein. Sein Kollege sitzt neben ihm. Abstand wird keiner eingehalten, kein Blatt kann man zwischen die zwei schieben, was ihrem Körperbau und der Größe der Bank geschuldet ist. „Wir haben schon genug Jahre hinter uns, wir haben schon lang gelebt.“ Auf die Erklärung, wer die junge Spaziergängerin ist, meint der Kollege zum Onkel: „Schöne Mädchen hat er gemacht, dein Bruder.“ Mit einem Lächeln im Gesicht, die Stöpsel wieder in den Ohren geht es weiter auf dem routinierten Weg, der wieder mal – durch einen frechen Kommentar – anders ist als sonst.

Es gibt auch Tage, an denen sie sich vorsichtig umschaut, ob sie eh niemand sieht, ob sie niemand erkennt, ob niemand zuschaut, wie sie sich die Tränen aus dem Gesicht wischt. Tage, an denen sie alte, noch nicht ganz verdaute Geschichten einholen oder an denen sie die nicht ganz klar definierten Anforderungen des Home Schoolings etwas näher an sich heran lässt, als das gut für sie ist. Wenn dann das „falsche“ (oder das richtige?) Lied in ihre Ohren fließt kann es sein, dass die Tränen schon beim ersten Akkord kullern. Und sie lässt sie kullern, weil es wichtig ist und die Routine bricht.

Sie erkennt sie aus der Ferne schon, ihre Nachbarn H & F. Ein Paar, das im Duden als Definition des Wortes „entzückend“ stehen könnte. Mit über 70 Jahren tänzelt H um F herum, ist seine Frau, seine Muse, seine Seelenverwandte. Diesem Schauspiel zuschauen zu dürfen ist ein Geschenk, das sie schon einmal bei ihnen zu Hause und nun draußen in der Natur erleben darf. Sie grüßt, tauscht eine kurze Nettigkeit mit ihnen aus und überholt das Paar, das gerade mit den Fahrrädern auf einer Brücke Halt gemacht hat.  Sie schauen und staunen. Über nichts und alles. Sie überholt die beiden Radfahrer und freut sich, dass es solche entzückenden Paare gibt.

Nach der Brücke kommt die längste Gerade dieser Route. Hier sieht sie zuerst einen, dann zwei, dann viele. Viele Störche. Obwohl sie hier schon oft gegangen ist, hat sie in diesem Teil des Riedes noch nie Störche gesehen. Ein Krafttier, das Neues verspricht. Daran hält sie sich für den Rest des Weges, den Rest des Abends und die folgenden Tage fest. Trotz der Geborgenheit, die sie in dieser Routine verspürt, sehnt sie sich nach Neuem.

Nun ist sie wirklich schon so gut wie zu Hause. Nur noch 10 Minuten. Da überholt sie ein Auto, der Fahrer winkt. Ein Freund, den sie lange nicht gesehen hat. Ein Freund, den sie gern wieder einmal umarmen möchte. Ein Freund, dessen einfaches Winken durch das Heben seiner Hand sie berührt. 10 Minuten vor dem Ziel.

Die immer gleiche Runde, aus der Routine geworfen durch Begegnungen mit dem Onkel und seinem Freund, A., dem Storch, H & F, dem noch zu umarmenden Freund, dem Freund im Ohr. Die Stunde, die nur ihr gehört, doch nicht alleine verbracht.

Lagerwechsel: von der Kurz-Arbeit zur Risikogruppe

Jetzt dachte ich doch wirklich, ich könnte mir ein paar freie Tage gönnen. Der Basti ist inzwischen auch ohne mich ganz gut unterwegs, da ruft schon der nächste an! Politiker wechseln ja auch hin und wieder das Lager, warum also nicht auch ich. Muss ja von was leben und Geld stinkt bekanntlicher Weise nicht.

Sascha, Sascha, Sascha. Darfst daheim nicht rauchen? Bist deshalb ins Lokal gegangen? Du solltest doch wissen, was der Basti g’sagt hat: vor allem die Risikogruppen sollen immer noch aufpassen, sollen ihre sozialen Kontakte immer noch recht bescheiden halten – nicht nur zu später Stunde, nein: immer. Du gehörst wohl zur einen oder anderen Risikogruppe. Lass uns mal nachdenken:

  • der Jüngste bist nimmer. Theoretisch könntest fast der Ur-Opa vom Kanzler sein, ihm die Windeln wechseln. Wenn der so viel Angst hat, wie er verbreitet, dann ist das eh nötig.
  • Rauchen tust – das ist auch nicht grad g’sund. War es eigentlich deine Idee, die Tabaktrafiken während des Lockdown offen zu halten? Dachte ich’s mir. Sonst hättest vielleicht bei der Austria Tabak in Quarantäne gehen können …
  • bei den Grünen bist – na ja so halb zumindest. Die sind auch eine Risikogruppe. Eine ist schon wegen Corona gegangen – ob der Corona-bedingte ministeriale Abgang auch ansteckend ist, werden wir sehen.

Siehst, gehörst zu vielen Risikogruppen und deshalb solltest daheim bleiben, dich ausruhen, dich nicht mit anderen treffen. Und ganz sicher nicht um die Uhrzeit. Warum warst denn so lang aus? Bist nicht rechtzeitig fertig geworden mit dem, was du sagen wolltest? Bist ja nicht der Schnellste, wenn’s ums Reden geht. Dauert manchmal a bissi länger, bis du alles g’sagt hast…

Pass auf dich auf, Sascha, sonst hörst sie von Weitem schon kommen, die Kieberer, wenn sie wieder „I am from Austria“ aus den Autos dröhnen lassen. Das ist nicht unsere Hymne, weißt eh? Das haben sich die Kieberer zur ihrigen gemacht. Also, lass dich nicht noch einmal erwischen, wir brauchen dich noch, denn der, der fast dein Ur-Enkel sein könnte, treibt lustige Spielchen. Musst aufpassen auf unser Österreich, damit der Bursch nach dem Windeln Wechseln nicht gar alles türkis anmalt.

so schön, schön war die Zeit…

Basti, hab ich gesagt, jetzt musst langsam auf eigenen Füssen stehen. Ich habe versucht, dir Flügel zu geben, wie man das mit einem Kind eben so macht. Man begleitet es die ersten paar Jahre, hält ihm die Hand, wenn es laufen lernt. Erinnerst dich an den Anfang der Krise? Da wusstest nicht so recht, was zu tun war, wie lang du alle Türen zusperren sollst, was und wie viel du den Leuten erzählen sollst, wie ehrlich du sein sollst. Ich hab dir alles gesagt und der Plan ging auf.

Mit 27 Jahren Minister werden, Minister einer Republik wie Österreich – das ist schon was! Da sind andere noch lang am Studieren, noch finanziell und auch sonst sehr abhängig vom Elternhaus und du schon mit einem solchen Gehaltszettel und so niedrigen Ausgaben, weil eh alles auf Spesen geht. Inklusive Frisur – du machst das super! Bist fast wie Dougie Howser, der mit 14 schon Arzt war. Der hat bestimmt auch eine Gabriele im Hintergrund, die ihm bei Operationen zuflüstert.

Jetzt bist immerhin schon älter. Ob du weiser bist, weil das Sprichwort es so sagt? Geht nicht automatisch, weißt. Da muss man was dazu beitragen, zum weiser werden. Reflektieren, wenn man mal einen Fehler macht zum Beispiel. Größe zeigen. Ich spreche nicht von deiner Körpergröße, nein, von der anderen Sorte von Größe. In manchen Dingen könntest ein bisschen mehr davon an den Tag legen sag ich dir ganz im Vertrauen. Zu sagen: das waren die anderen Kinder im Sandkasten, die sind mir zu nah gekommen – das klappt nicht immer. Es gibt solche, die es dir abnehmen, dich gar zitieren und verteidigen. Da hast Glück. Das ist die Generation, die schwarz wählt, weil es ihnen ihr Vater damals so aufgetragen hat. Muss dich enttäuschen – deren Kreuzerl auf dem Stimmzettel hat nichts mit dir zu tun, sondern nur mit dem Gehorsam den längst verstorbenen Vorfahren gegenüber. Die glauben an die Partei, das Parteibuch und das, was du sagst, weil du mit deinen ganzen 1,86m die Partei verkörperst, auch wenn du ins Türkise mutiert bist. Dass sie schwarz sind und nicht türkis – das kannst ignorieren. Kreuzerl ist Kreuzerl.

Aber weißt, es gibt tatsächlich auch jene, die selbst darüber nachdenken, was hier so läuft. Leider, ich weiß, das macht deinen Job nicht leichter. Aber für die musst du manchmal eben etwas reflektierter auftreten. Da nutzt dein Rhetorik Training nix – die wissen nämlich, was du da machst mit deinen geschickten Formulierungen, deiner gekonnten Wortwahl. Echt blöd. Denen müsstest du mal zeigen, dass du auch zu etwas stehst, wenn es nicht so gut läuft. „OK, das hab ich nicht ganz so g’schickt g’macht“ – das wär mal eine Aussage, wenn du den nächsten maskenlosen Stage-Dive im Kleinwalsertal oder sonst wo machst. Überleg’s dir. Könnte Kreuzerl bedeuten und Kreuzerl sind wichtig für den Platz im Reich der bezahlten Friseurtermine!

Das möchte ich dir mit auf den Weg geben, auf den Weg in dein Erwachsenensein. Ich werde natürlich immer für dich da sein, lieber Basti – diese Krise hat uns näher gebracht, hat uns verbunden. Du bist recht gut unterwegs, wenn du diese letzten Tipps noch umsetzt. Gabriele muss sich jetzt anderen Themen widmen, sonst entsteht noch eine Co-Abhängigkeit.

So schön, schön war die Zeit….
Mach’s gut, Basti.

Basti und der Tourismus und so

Basti, hab ich gesagt, das mit dem Urlaub planen ist im Moment ein bisserl schwierig für unsere Leut’. Sie wollen in die Sonne fahren. Sag ihnen, dass bei uns die Sonne eh so oft scheint. Was wollen sie denn in Kroatien und Portugal und Griechenland? Ausgerechnet nach Griechenland, das war doch heuer schon vor der Vorsaison überfüllt, sagst? Recht hast, überfüllt ist es. Wir hätten selbstverständlich Platz, bei uns hier in Österreich für ein paar mehr, die zwar keine Österreicherinnen und Österreicher sind, aber eben Menschen, die hier wohnen könnten. Spiel da nicht mit, nur weil sich die anderen Länder so offen zeigen. Diese Streber! Und jetzt macht sogar dein blonder Freund mit. Sonst mag er ja bei europäischen Gschichtn nicht mitmachen. Aber schon beim Virus hat er Solidarität gezeigt und sich infiziert. So einer ist das, direkt beim Volk, live dabei. Und jetzt nimmt er auch noch ein paar Flüchtlinge auf. Ist gut fürs Profil nach außen – dann schreibt die Presse mal über was anderes, nicht nur über die Kurve, die noch nicht ganz gehorchen will beim ihm zu Hause. Aber lass dich von dem nicht beeindrucken. Zusammenhalten soll man jetzt trotzdem, sagen alle. Wenn du kollegial sein magst, dann gib ihm doch an Tipp bzgl Pomade. In Großbritannien weht ein anderer Wind, das bekommt seiner Frisur nicht immer. Geh, schick ihm doch mal ein Packerl von deiner Pomade. Deine Frisur verrutscht ja nie.

Nur weil andere europäische Länder da weich geworden sind müssen wir das nicht nachmachen. Schick ihnen ein paar Container, da werden sie schon drin schlafen können, die Flüchtlinge. Werden sich freuen über das upgrade von den Zelten. Und dann, wenn’s sein muss, dann schicken wir noch a bissl Geld, die Bundesländer sollen sammeln, musst nicht alles hier in der Zentrale stemmen. Dann könnten ein paar von ihnen in Hotels übernachten. Werden glauben, dass Ostern und Weihnachten und Muttertag auf den gleichen Tag gefallen ist. Und der griechischen Wirtschaft hilfst dann auch. Und hier in Österreich lässt parallel dazu den Tourismus wieder hochfahren. Sonst kommt zuletzt noch jemand drauf, dass es auch in unseren Hotels leere Betten gibt. Das wär ganz blöd. Nicht nur zwei, sondern gleich drei Fliegen auf einen Schlag hamma dann. Ist doch prima.

Du hast grad eh so viel zu tun mit all den Fernsehauftritten. Lass den Pressesprecher diese Flüchtlingsgeschichte kommunizieren. Er soll einfach sagen, dass wir schon genug getan haben. Alles musst echt nicht selber machen.

Basti und die Grenzen

Basti, hab ich gefragt, willst wirklich alle Grenzen zu lassen? Musst schließlich auch ein bisschen aufs Geld schauen. In Vorarlberg, das ist das Zipferl im Westen, gleich nach dem Arlberg, da musst dir das gut überlegen. Den Arlberg kennst aber schon? Der war mal bekannt als Touri-Ort für die Royals aus aller Welt. Die dachten nämlich, dass sie in good old Austria Kängurus streicheln können. Die Tirolerinnen und Tiroler und alle Menschen, die im Tirol wohnen, wollten ihren Gästen doch alles recht machen. Da den Kängurus das kalte Bergklima aber nicht so bekommt, dachten sie an Pinguine. Königspinguine sollten es sein, das wird den Royals gefallen. Der Franz vom Schlepplift kann es mit Tieren recht gut, beim Lift taugt er eh nichts. Wenn sie umfallen, die lieben Pinguine, weil sie den vielen Bergrettungshubschraubern hinterherschauen, dann sagt der Franz einfach: Aufstehen, Krone richten, weitermachen. Auch wenn sie gar keine Kronen tragen, aber das ist eben Franzis Humor.

Aber bevor die Pinguine ankamen hab ich gesagt: Basti, mach die Grenzen zum Tirol zu. Schau mal her: die Tiroler haben das mit dem Virus sicher absichtlich gemacht. Sie sagten nämlich immer schon: was Gott durch einen Berg getrennt hat, das soll der Mensch nicht durch einen Tunnel verbinden. Jetzt sahen sie ihre Chance: bissi Seuche verbreiten und schon ist Vorarlberg vom Rest des Landes abgeschnitten, bald vergessen. In die Hose ist es gegangen, in die Lederhose. Halte die Grenze vom restlichen Österreich nach Vorarlberg offen, aber schneid das Tirol vom Rest der Welt ab. Spüren sollen sie es, diese Tiroler. Solch Inländer-feindliches Verhalten, das tolerieren wir nicht in unserem heiligen Land. Schau auf dich, schau auf mich, #schautaufeinander, weißt eh.

Die im Westen, diese Vorarlberger, die sind recht brauchbar, das musst dir merken. Auch wenn sie komisch daherplaudern, sie haben den Schlüssel zum Geldbeuterl der Schweizer und Lichtensteiner. Naja, die Grenze haben sie und die Schweizer bringen das Geldbeuterl mit. Mit denen darfst es dir nicht verscherzen, mit den Xibergern. Über ihre Grenzen kommen die Fränkli ins Land, und halbe Kälber nehmen sie dann zurück in die Schweiz. Leider nicht die Kälber, die in den Medien waren, das wäre noch ganz praktisch gewesen. Aber die sind leider reisefreudiger, wollen weiter weg.

Nun hast sie zugemacht, die Grenze zu den Fränkli. Ich versteh das schon, das mit dem Zumachen, magst gern unter Deinesgleichen bleiben. Mit der Einstellung hast dir zum Regieren aber auch ein Land mit verdammt vielen Grenzen ausgesucht. In Australien, bei den Kängurus, wärst besser dran gewesen. Da schleicht sich keiner so schnell über die Grenze. Verdammt weit schwimmen müssten’s da, damit sie rein kommen, die nicht Australierinnen und Australier und alle die nicht dort wohnen. Hast da etwa auch was verwechselt, als du dich für den Job beworben hast? Hast den kleinen Unterschied zwischen Austria und Australia leicht übersehen? Kann passieren, sind ja nur drei Buchstaben. Das machen wir schon, Basti, hab ich gesagt. Lass sie zu, die Grenzen. Nur für Schweizer mit und ohne Pferd, für die überlegst es dir nochmal. Kohle soll ins Land fließen, schöne Fotos sollen in den Medien erscheinen. Tier und Kinderfotos kommen immer gut in den Medien. Das tut dem Geldbörserl gut, das tut dem Image als Touri-Land gut. Vielleicht kommens dann wieder, die Royals, auch wenn wir weder Kängurus noch Pinguine haben.

Der Basti und das Backen

Basti , hab ich gesagt, kannst stolz sein auf dein Land der Bäckerinnen und Bäcker und all jener Menschen, die es zu sein glauben. Innerhalb von Stunden haben sie die Hefe leer gekauft. Und geklatscht haben sie für die Angestellten im Einzelhandel, die Heldinnen und Helden des Alltags, weil sie die Regale wieder befüllt haben mit Klopapier und Hefe.

Dass auch du Freunde hast, die gerne backen, das hab ich gar nicht gewusst. Dann ist’s mir wieder eingefallen. Dein alter Kollege, der sogar im Urlaub fleißig war, glaub er hat Vanillegipferl g’macht, bissi Österreich(ische Kultur) verkauft und die noch schnell im Puderzucker g’wendet. Oder war es sein eigenes Gipferl, das er da herzeigen musste? Bissi sauberer arbeiten könnt er aber schon, dein Kumpel, Puderzuckerspuren auf dem Couchtisch mag nicht jeder Besuch sehen. Und auf Selfies schauts auch blöd aus. Unordentlich halt.

Der Heinz Christian, bist mit dem noch befreundet? Der postet nicht mehr so viel übers Backen und Pudern. Hat keine Zeit mehr dafür, will wieder zum Rechten schauen in Wien. Hat sich nur eine kurze Pause genommen, ein Sabbatical. Wir hätten ihm schon länger gegönnt, oder? Hat genug ang’stellt … (räusper) … erreicht im Land, hätte sich schon aufs Backen konzentrieren können. Für immer. Sagst ihm das, wenn du ihn siehst?

Ihr seid’s nimmer so dick, sagst? Recht hast. Social distancing auch auf die Kumpels anwenden, mal richtig ausmisten tut gut. Hast dir a paar neue g’sucht nach der Wahl und jetzt bist älter und weiser und schneller mit dem Aufräumen. Eine ist schon weg, die kann sich jetzt der Brot- und Backkunst widmen. Kauf ihr a Packerl Hefe zum Abschied – ist ja auch voller Kulturen, die Hefe.

Der Basti und die Auszeit

Basti, hab ich gesagt, musst müde sein vom Weghören, wenn dir die Experten das Xte Papier vorgelegen, vom Grinsen vor der Kamera und vom täglichen „Liebe Österreicherinnen und Österreicher, liebe andere“ Sagen. Und bist letzte Woche musstest dich auch noch selbst frisieren. Nicht mal g’merkt haben sie es, deine Experten, dass du nicht auf sie hörst. Da ist wirklich kein Herz dabei bei denen, machen es einzig und allein fürs Geld. Recht hast, dass du den Expertenschaaß ignorierst, hast ja mich. Ich sag dir schon, was zu tun ist.

Aber jetzt, Basti, jetzt fahr mal ins Grüne, gönn dir eine Auszeit. Im Westen von Austria, da gibt es so eine komische Ecke. Die behaupten, dass sie zu Österreich gehören, kommst aber nur über Deutschland rein. Grenzen sind zu, sagst? Naja, das hast dir selbst eingebrockt. Sag ihnen einfach, dass es eine Dienstreise ist, dann kannst es gleich auch noch als Spesen verbuchen. Und die da im Vorarlberger Niemandsland, die werden dich feiern. Schwer hatten sie’s. Ganz abgeschnitten von allem. Mach ihnen a Freud, geh unter die Leut’, und vor allem: lass dich feiern. Du hast es verdient, sie auch a bisserl – so eingesperrt wie sie da sind in dem Tal. Sei nicht allzu streng mit ihnen, Nähe brauchens jetzt. Vergiss aber nicht vor der Kamera vom Abstand und all dem Zeugs zu reden. Maske kannst in die Tasche stecken oder fesch wie der örtliche Bürgermeister, als Halsschmuck tragen.

Und wenn du dann schon dort im Westen bist, geh doch noch zu deinen Spezis, na zu denen, die Flügel verleihen. Vielleicht haben sie wieder a bisserl Taschengeld für dich – man weiß nie! Der nächste Wahlkampf kommt bestimmt.

Basti und die Bildung

Basti, hab ich gesagt, das Bildungssystem könntest reformieren. In der Schule warst eh, oder, nur das mit der Uni hat nicht so geklappt. Trotzdem ist was aus dir geworden. Alle reden von fächerübergreifendem Unterricht, aber mit der Umsetzung klappt’s dann meist nicht so ganz. Zeig ihnen wie es geht, den Lehrerinnen und Lehrern, das ist DEINE Chance.

Beginn mit was Leichtem, wo du schon Erfahrung hast: Farbkunde. Guter Move war das, von schwarz auf türkis zu wechseln. Frischer ist es und neben grün sieht das wunderbar aus, voll im Trend. Die anderen Farben kannst eigentlich ausrangieren. Vielleicht das grün dann auch mal, wenn es zu laut wird. Die Künstler werden behaupten, dass Kunst nicht nur aus Farbkunde besteht. Das Theater bietet sich als Ergänzung an. Die Bürgerinnen und Bürger müssen jetzt 24h im eigenen Haushalt zusammenleben, das gibt genug Stoff – von Romanze bis Tatort wird alles dabei sein. Ärzteromane eher nicht. Die sollten ja busy sein, laut deinen Prognosen, die Ärzte. Die ausrangierten Farben gibst den Kindern zum Malen. Am liebsten alle das gleiche Motiv, nur keine Querdenkerei zulassen, klare Angaben machen. Regenbögen sollen sie in die Fenster malen, das kann wohl jeder, dann fühlt sich die LGBT Community gefeiert, kannst ja leise mitfeiern, und voila – Biologie abgehakt. Umweltkunde hast ihnen ermöglicht, weil du sie raus in Wald und Wiese lässt, nicht in den Stadtpark, wo eh alles zugeteert ist. Gut gemacht!

So viele Zahlen und Statistiken wie es im Moment gibt, da haben die Mathematiker grad „the time of their lives“.Verwende ein paar Englische Begriffe und schon haben wir eine lebende Fremdsprache in den Unterricht eingebaut. A tote Spreche brauchen wir keine, Tote werden wir eh viele kennen, hast gesagt. Weitere Fremdsprachen kannst weglassen, die Grenzen sind eh zu. Na und die Experten, die sollen dir Aufsätze schreiben. Nenn es Expertenpapiere oder Erlässe, dann sind sie motivierter. Korrigieren darfst diese Aufsätze jederzeit, das machen Deutschlehrer so, im Notfall komplett neu schreiben lassen. Thema verfehlt nennen sie das dann.

Das Arbeiten mit den Händen soll nicht zu kurz kommen – haha – da könntest noch einen Lacher einholen. Verstehst? Zu KURZ kommen. Im Handarbeiten können sie Masken nähen. Und da wir uns nicht mehr küssen, umarmen oder die Hand geben dürfen, müssen wir neue Begrüßungsrituale finden – somit erziehst du Lösungsfinder*innen. Ein Fall für Soziales Lernen. Aber nicht nur das Begrüßen werden sie lernen, auch mit wem sie überhaupt reden dürfen und können (dank reduzieren der Fremdsprachen). Vielleicht musst die Grenzen auch gar nicht mehr öffnen, wenn alle merken, wie schön wir es doch haben im Land der Söhne und der Töchter. Mit Videokonferenzen und Chatrooms deckst die Neuen Medien ab. Lass sie alles googeln und soziale Netzwerke verwenden, dann gewöhnen sie sich daran, dass sie überwacht werden. Die Einführung der App kannst dann vertiefte Medienkompetenz nennen.

So kannst ihnen zeigen, wie man das Bildungssystem revolutionieren kann – fächerübergreifender Unterricht in einfachen Schritten. Zu bedenken ist, dass bald endlich die Sommerferien kommen und der Lerneffekt im Herbst eventuell dahin ist. Ein schubladisiertes Konzept mehr oder weniger ist aber auch schon egal. Das Schulsystem ist tried and tested, seit Maria Theresia bewährt es sich. Kennst du sie, die Maria? Zu ihrer Zeit gab es noch Frauen an der Spitze. Und weil die Maria arbeiteten wollte, aber auch recht viele Kinder hatte, führte sie die Schulpflicht ein. Sitzordnung und Lehrplan hat sie recht gut hinbekommen, mussten seit damals nicht wirklich geändert werden. Wenn also der von dir vorgelebte fächerübergreifende Unterricht zu innovativ sein sollte für unsere Lehrerinnen und Lehrer, dann machen wir ein paar Jahre weiter, wie es die liebe Maria vorgelebt hat. Das hab ich dem Basti gesagt.

Was ich Sebastian gesagt habe…

Basti, hab ich gesagt, mach ihnen ein bisserl Angst. Stell dich souverän hin – reden kannst ja – und mach mal ein paar Wochen lang auf Chef. Den Grünen lässt auch ein bisserl reden – aber lieben werden sie DICH, weil sie trotz guter Satzzeichensetzung dem Grünen eh nicht folgen können. Es wird dir gefallen, das tägliche vor der Kamera stehen. Etwas Emotionalität musst aber hineinstreuen, die Familie ansprechen, die Sorge um unsere Älteren, die wir jetzt einsperren müssen, weil sonst alle sterben.

Dann machst schrittweise alles wieder auf, so ab Mai, dann kannst das schöne Sprichwort auch noch verwenden: alles neu macht der Mai. So erreichst du dann ALLE Wählergruppen. Die Eltern werden dich lieben, wenn du die Schulen wieder öffnest. Die SportlerInnen, wenn du Sportplätze und Bäder wieder aufmachst. Die KuchenesserInnen eher nicht. Wegen der Bikinifigur und so. Die überlassen wir den Grünen, sind eh Hippies, bei denen ist sowas nicht so wichtig. Die TrinkerInnen und jene, die nicht kochen können und wollen, weil du die sie wieder in die Gasthäuser lässt. Die jungen WählerInnen – denen schenkst ja die Matura. Die zukünftigen WählerInnen – denen hast du gerade die Ferien um 8 Wochen verlängert – sie lieben dich jetzt schon. Muss halt schauen, dass sie dich dran erinnern, wenn sie alt genug zum Wählen sind. Die Älteren, die du jetzt endlich wieder raus lässt oder die wieder Besuch bekommen dürfen, sie werden Tränen in den Augen haben – gut für Fotos! Die KopftuchträgerInnen, weil die Diskussion vom Kopftuch zu den Masken gewandert ist. Und so geht es weiter. Der Plan wird aufgehen.

Und mit jeder Öffnung erhältst du Applaus. Und Prozente. Und die, die es nicht mitbekommen haben, die werden dir Sonntags um 18Uhr immer noch ein Ständchen singen. Da alle anderen bei den Nachbarn, Familien und in Gasthäusern sitzen werden, darfst das Ständchen ganz für dich alleine genießen. Und zum Friseur darfst auch wieder, sogar zum Teuren, weil du jetzt ja 6 Wochen lang brav gespart hast. Und außerdem gönnt dir das jetzt jeder – weil sie selbst froh sind, dass sie wieder zum Friseur dürfen.

Heute, während die Ausgangsbeschränkungen noch gelten, hab ich schon gelesen: Kurz in Umfrage: 55%. Während du daran arbeitest (arbeiten lässt), dass die andere Kurve sinkt ist diese hier ganz schön am Steigen!

Das hab ich ihm gesagt. Rechnung für meine Beratung schick ich ihm dann noch.

Wie geht es dir?

Vier Worte, die vor allem auch im Englischen oft nur als Floskel verwendet werden. Das fragt man halt. Eigentlich fragt man nicht, man sagt sie, diese Worte. Ohne sich wirklich für die Antwort zu interessieren, ohne sie abzuwarten, denn schon ist man gedanklich weiter, oder man hat sich sogar physisch längst distanziert. Nun ist zur Zeit physische Distanzierung angesagt und die Karten haben sich gewendet: wir interessieren uns plötzlich dafür, wie es den anderen geht. „Wie geht es dir?“ wird zur ernst gemeinten Frage, deren Antwort man abwartet, anhört.

„Wie geht es dir?“, fragt die Dame hinter der Theke in der Bäckerei und lässt sich wirklich auf eine Konversation ein. Sie erzählt, dass alle in ihrem Umfeld arbeitslos sind und dass sie sehr froh ist, ihren Job noch zu haben. Der Umsatz sei zwar stark zurück gegangen, aber noch hält sie Stellung.

„Wie geht es dir?“, fragt die Freundin am Telefon. Sonst schreiben wir uns hin und wieder kurze Nachrichten auf Whatsapp – jetzt ruft sie an, nimmt sich Zeit, will wissen, wie es mir wirklich geht, wie ich klarkomme.

„Wie geht es dir?“, ruft die Verwandte, die ich in den letzten 4 Wochen öfters gesehen habe als in den letzten 4 Jahren. Meist beim Erledigen von „Nummer 4„ auf der Liste der von der Regierung erlaubten Gründe zum Verlassen des Hauses: beim Spazierengehen. Wir bleiben jeweils auf der gegenüberliebenden Straßenseite stehen und tauschen uns aus.

 „guten morgen, wie geht’s so? ,

schreibt eine Arbeitskollegin. An unserem Projekt können wir im Moment nicht weiter arbeiten, da es sich um eine Veranstaltung handelt, die bis auf weiteres verschoben ist. 

„hier zappeln zwischen gut und böse, zwischen wohlbefinden und ungeduld. es entscheidet sich meist von selbst, ohne mein zutun. hope to see you soon, ich habe echt sehnsucht nach dem Ort, in dem du wohnst.“ „Bei uns fließt der Rhein so“,

schreibt sie noch unter das mitgeschickte Bild. Ein graues Bild vom Rhein.

Ich antworte:

„dankbar: die sonne scheint, wir haben ein kleines, feines häuschen mit Garten, meine nachbarn kommunizieren über den Gartenzaun, ich bin in 10 Minuten zu fuss in der natur, die kinder und ich, wir reden mehr miteinander und wir reden NOCH miteinander, ich habe die arbeit und diese sache kann ich als Herausforderung sehen. 

zum K***: 

  • das system schule und einzelne lehrer*innen – problemsucher*innen anstatt lösungsfinder*innen rauben energie. 
  • politiker*innen, die an stimmenprozente und nicht menschlichkeit denken und in ihrem geistigen auge bilder aus griechenland mit bildern von „korrekt“ angekreuzten wahlzetteln verdrängen. 
  • keine UMARMUNGEN!!! „

Mit dieser Kollegin arbeite ich an einem Theaterprojekt, das das Leben in einem Teil unseres Dorfes darstellen soll. Hätte der Autor die Recherchen erst jetzt begonnen, so wären die auswendig zu lernenden Textpassagen und Dialoge wohl anders ausgefallen. Das Theater handelt davon, wie wir in diesem Ortsteil miteinander leben, was das Leben hier prägt. In der neuen Version würde es wohl ebenfalls um das Miteinander gehen, aber hin und wieder würden wir uns die Frage stellen: „Wie geht es dir?“, diese ernsthaft beantworten und uns freuen, dass sich das gegenüber Zeit nimmt, zuzuhören.

Wir kehren zurück zur Bedeutung der Worte, die wir aussprechen. Wir überlegen uns, welche Fragen wir stellen. Wir nehmen uns Zeit, zuzuhören. Wir formulieren unsere Antworten ehrlich. Wir telefonieren nicht, wir machen Video-Chats, weil wir uns sehen wollen. Anstatt auf dem Sofa zu sitzen und in den sozialen Medien zu lesen, was der Nachbar gerade kocht, wie wunderbar alles beim Home Schooling klappt und wie klug seine Hunde sind, reden wir über den Gartenzaun, der für physische Distanzierung ideal ist und uns nicht vergessen lässt, was wir dürfen und was nicht. Keine retuschierten Fotos, das wahre ich. Kein „so tun also ob“, denn es steht einem ins Gesicht geschrieben, wie der heutige Tag ablief – Make-up ist schließlich im Home Office nicht so wichtig. Keine Distanzierung,  denn man freut sich über die Nähe. Und für einen Augenblick vergisst man die Funktion des Gartenzauns und genießt die Nähe, die Umarmung in Form des Zeitnehmens. Wir nehmen uns wieder Zeit. Und vielleicht nehmen wir dieses Sich-Zeit-Nehmen mit in die Zukunft.


Hast du Zeit?

veröffentlicht im April 2020 auf umbruch.at