Wenn ihre Katze nur so klug wäre wie sein Kater

Schon beim Aufwachen hörte gabriele die Regentropfen auf ihrem Vordach, das direkt unter ihrem Schlafzimmerfenster liegt. Ihre Teenager lagen noch in ihren warmen Betten. Die würde sie erst gegen Mittag schlafwandelnd begrüßen können. Vielleicht würde sich eine*r von Ihnen über einen Mückenstich beklagen – denn auch zu dieser Jahreszeit gab es noch die eine oder andere Mücke im Haus. Komisch, aber wahr. Sie drehte sich also noch einmal im Bett um und zog die Wolldecke eng an sich. Gerade als sie tief ausatmen und die Sonntagsruhe genießen wollte, riss sie beim Aufschlag des nächsten Tropfens die Augen auf: „Es regnet nicht nur bei uns“, schoss es ihr durch den Kopf. „Und dort, wo es auch regnet, sind es nicht Mückenstiche, sondern Rattenbisse, die die Kinder plagen.“ Jetzt war es vorbei mit der Ruhe, jetzt war das Hirn aktiv und machte sein übliches Ping-Pong. Ganz ohne Aufwärmphase ging es sofort mitten ins Spiel. Auch die Katze, die erwartungsvoll ihre Nähe suchte, weil sie doch auch nicht in den Regen wollte, konnte sie nicht zu einem Sonntag-morgendlichen Lümmeln verführen.

Ping: „Man muss was tun! Man muss was tun!“

Pong: „Du tust eh schon. Du schreibst.“

Ping: „Das ist nicht genug.“

Pong: „Du hast eine Initiative und eine Spendenaktion gegründet.“

Ping: „Das ist NICHT genug!“

Pong: „Du hast dich vernetzt – mit Freundinnen, mit Organisationen. Das wird schon…“

Ping: „DAS IST NICHT GENUG! Die Öffentlichkeit, die Politik muss man erreichen.“

Pong: „Widme dich der Katze. Die scheint auch gerade nach deiner Aufmerksamkeit zu suchen. Vielleicht weiß die weiter…“

Ping: „Das ist es! Die Katze, nein, der Kater! Den Kater müssen wir fragen!“

Ihre Katze war graziös, eine angenehme Wegbegleiterin. Wenn es um große Entscheidungen, wichtige Auseinandersetzungen, kritisches Hinterfragen ging, war sie allerdings nicht die richtige Ansprechpartnerin. Aber regelmäßig las sie von einem Kater, einem klugen Kater, der sein Herrchen immer wieder fragte und hinterfragte. Der ihn Texte aus der Vergangenheit hervorkramen ließ, um sie noch einmal zu reflektieren. Da war doch am 16.9.20 ein Text im Falter. Ein Text von dem Mann, der dem klugen Kater ein Zuhause und immer bestes Futter gibt:

„Politiker europäischer Länder verwenden diese Ärmsten als Anschauungsmaterial ihrer Politik. Sie sprechen nicht von Menschen, sondern von Bildern, schrecklichen Bildern, die sich nicht wiederholen dürfen.“, schreibt er. Inzwischen gibt es auch keine Bilder mehr. Zumindest offiziell nicht.

Weiter ging‘s mit: „Für Europa war es (2015) großteils eine Sternstunde der Menschlichkeit. … Menschlichkeit ist kein Gebot der ökonomischen Vernunft. Unmenschlichkeit schadet nicht nur der Seele. Sie schadet ökonomisch und politisch.“ Gerade zur Weihnachtszeit wünschen wir uns mehr Sternstunden und Sterne überhaupt. Sterne, die den Politikern den Weg weisen. Den Herbergssuchenden nutzt ein Stern wie der aus Bethlehem im Moment nämlich nichts. Die sind eingesperrt. Ohne wirkliche Herberge.

Lieber Kater, rede doch mal mit deinem Herbergsgeber. Stell ihm ein paar Fragen, deren Antworten er vielleicht aufschreiben mag. Öffentlich. Und vielleicht könnte gabrieles Katze dann, wenn man wieder darf, mal zum Kater auf Weiterbildung kommen…. wäre manchmal hilfreich, so eine kluge Katze!

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar zu Frau Müller Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert