Basti sag ade

Basti, hat sie gesagt, Basti sag ade
scheiden tut weh
aber dein Scheiden macht
dass Österreichs Herze lacht.

Vielleicht nicht das Herz aller Österreicherinnen und Österreicher. Aber vielleicht doch das Herz derer, die  in Österreich “nur” leben.

Basti, hat sie gesagt, Basti sag ade, 
scheiden tut weh
Gerne vergiss ich dein,
kannst immer ferne sein.

Es fällt gabriele nicht so leicht, das zu sagen. Und doch musste sie immer wieder feststellen, dass du trotz fescher Anzüge und deiner gestylten Frisur doch auch nur mit Wasser gekocht hast. bzw kochen gelassen hast. Das Essen, geheime Pläne und auch deine weißen Hemden. Die vielleicht doch nicht so weiß sind, wie es lange schien. Ganz vielleicht.

Es fällt gabriele nicht so leicht zu sagen, dass du immer ferne sein kannst. Denn es war schon ganz speziell, was wir hatten, die letzten zwei Jahre. Und doch:

Basti, hat sie gesagt, Basti sag ade, 
scheiden tut weh
denn gehst du nicht bald nach Haus,
Lacht dich der Kuckuck aus.
Basti sag ade.

Der Kuckuck wird nicht der einzige sein, oder der Letzte, der lacht. Schön, hast die Bevölkerung auch hin und wieder amüsiert. gabriele sagt nur “Emojis & Co.” Vielleicht lacht der Kuckuck bald nicht mehr, sondern klebt. Aber zuerst bekommst noch ganz viel Sendezeit, Titelseiten und Glückwünsche. Ganz wie du es magst.

Ade Basti, sagt gabriele, ade.

(fast) von Basti geschrieben

Sehr geehrte Damen und Herrn, liebe Leserinnen und Leser,

Seit dem Tag, an dem gabriele begonnen hat, sich für Basti zu engagieren, hat sie immer versucht, durch ihre Beratungstätigkeit ihren Beitrag für unser Österreich zu leisten. In den letzten Jahren durfte sie als Beraterin unserem stets wunderschön frisierten Ex-Kanzler dienen. Insbesondere die letzten eineinhalb Jahre, das haben Sie alle mitverfolgt, waren extrem fordernd, für den Ex-Kanzler und insbesondere für gabriele, denn sie haben gemeinsam ihr Bestes gegeben, den Koalitionspartner zu bekämpfen, die türkise Boyband zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu retten. Zuletzt sogar Arbeitsplätze zu schaffen. Bei der WKStA.

Sie haben alle mitverfolgt, dass in den letzten Tagen strafrechtliche Vorwürfe gegen Basti erhoben worden sind. Es ist etwas, das viele Spitzenpolitiker schon erleben mussten. Fast alle wahrscheinlich. Ganz bestimmt aber viele. Im Inland, aber auch im Ausland. Was diesmal anders ist, ist dass der Koalitionspartner sich entschlossen hat, sich klar gegen den Basti zu positionieren. Kaum zu glauben. Gegen Basti, der seinen Parteifreunden, seinen Vorgängern und seinen Koalitionspartnern gegenüber stets so loyal gewesen ist. Verständlich, dass er dieselbe Haltung auch von anderen erwartet. Verständlich.

Eines weiß gabriele fast ganz sicher. Vermischt werden diese strafrechtlichen Vorwürfe mit SMS Nachrichten, die Basti teilweise in der Hitze des Gefechts geschrieben hat, doch nicht immer „mit Respekt“. Vielleicht war es schlicht und einfach die Autokorrektur, die den Politiker zum oasch, das Kinderbetreuungspaket zum Problem werden ließ. Manche davon sind Nachrichten, die er so definitiv nicht (noch einmal) formulieren würde. Dass er doch auch nur ein Mensch ist, davon wusste sie nichts, die gabriele. Das überraschte sie ein wenig. War er nicht der Messias? Dass er Emotionen haben soll, auch das war ihr neu. Von den Fehlern, von denen wusste sie.

Es wäre, und das ist nur gabrieles Sicht der Dinge, unverantwortlich, die Regierungsverantwortung in eine 4-Parteienkoalition, ein Experiment, zu übergeben, hat doch das Slimfit-Boyband-Experiment bewiesen, dass eine Koalition auch ohne Koalitionspartner funktioniert. Solange man eine SMS tippende  Boyband  als Rückhalt hat. Und Arbeitsplätze sichern kann. Denn die Arbeitsplätze eines so großen Medienteams würde sonst wohl keiner stabilisieren.

Das Regierungsteam hat zugesichert, im Falle der Abwahl von unserem Basti sofort selbst das Amt zu verlassen. Da war er fast ein bisserl gerührt, der Basti. Und schon wieder rettete er Jobs, der Held, indem er einer Abwahl aus dem Wege ging und selbst zur Seite trat. Allen, allen rettet er den Job, nur gabriele bleibt auf der Strecke. Auch sie hat ein mittleres Einkommen, hat eine Familie, möchte vom wirtschaftlichen Aufschwung, den er so wunderbar in die Wege geleitet hat, profitieren. Doch er geht. Und lässt sie stehen.

Viele sagen zu gabriele, das ist ungerecht, dass sie jetzt einfach keine Arbeit mehr hat. Nur weil er einen Schritt zur Seite macht. Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Sie können sich vorstellen, dass gabriele persönlich auch dankbar wäre, wenn die Sicherung der Arbeitsplätze in unserem Land wirklich für alle Menschen gelten würde. In dieser schwierigen Zeit sollte es aber niemals um persönliche Interessen gehen. Das versteht gabriele. „Denn mein Land ist mir wichtiger als meine Person.“ Besser hätte sie es selbst nicht sagen können. Er möchte Platz machen. Durch das Zur-Seite-Treten einer so schlanken Statur wird nicht viel Platz bleiben für seinen Nachfolger. Und a bisserl Platz reserviert er sich ja auch noch im Parlament.

gabriele gibt zu, der Schritt ist kein leichter für sie. Viele sagen, sie soll sich das nicht gefallen lassen. Nicht vom Basti. Von niemandem. Aber es geht nicht um sie. Es geht um Österreich. Es geht um Sie alle, liebe Leserinnen und Leser. Sie alle haben sich verdient, dass sich gabriele nicht nur mit sich selbst beschäftigt, sondern dass sie für die Menschen in unserem Land arbeitet.

Das war immer ihr Zugang. Das ist heute ihr Zugang und das wird auch in Zukunft immer ihr Zugang bleiben. Vielen Dank.

P.S.: Ganz im Stil von ihrem Basti ist das kein Rücktritt. gabriele wird weiterschreiben. gabriele wird weiter Geschichten (er)finden.

Kurzarbeit

Nach (un)genauen Recherchen versteht gabriele endlich, was die wahre Bedeutung von Kurzarbeit ist bzw dass dieses Wort, wie so viele andere Wörter der Deutschen Sprache, mehrere Bedeutungen hat. Sie versteht jetzt auch, warum davon die Rede ist, wie viel diese Kurzarbeit die Arbeitnehmer:innen und die Arbeitgeber:innen kostet. In Form von Steuern. Die dann für die Kurzarbeit, oder für die Arbeit seiner Entourage, eingesetzt werden. Zum Wohle aller Österreicher:innen und Österreicher, die im Betrieb arbeiten. Im Kanzlerbetrieb. Und zum Wohle jenes, der ihn liebt, seinen Kanzler.

Bei ihren (un)genauen Recherchen zum Thema Kurzarbeit entdeckte gabriele, dass es dreierlei Kurzarbeiter gibt. Die Steuerzahler, die arbeiten, damit Kurzarbeit möglich ist. Die Kurzarbeiter also. Und jene, die arbeiten, damit Kurz möglich ist. Auch Kurzarbeiter. Und dann gibt es noch Kurz, der für sich arbeiten (und shreddern) lässt. Und frisiert beziehungsweise (sich) frisieren lässt. Und redet. Das macht er allerdings selbst. Und mit Respekt.

Bei ihren (un)genauen Recherchen nahm gabriele auch das Wort „frisieren“ unter die Lupe und entdeckte, dass dies in Wahrheit ein Synonym für Kurzarbeit ist. Auch dieses Wort hat (laut Duden) dreierlei Bedeutung:

  1. „jemandem, sich das Haar in bestimmter Weise ordnen, kämmen, zu einer Frisur formen.“
    In unserem Falle: Arbeit am Erscheinungsbild von Kurz. Berichten zufolge nicht billig. Berichten zufolge von den steuerzahlenden Kurzarbeitern bezahlt, damit die Frisur bei jedem Fototermin, jeder Pressekonferenz und wahrscheinlich auch sonst immer und überall perfekt am Kopf klebt.
  2. „Änderungen an etwas vornehmen, um dadurch einen ungünstigen Sachverhalt zu verschleiern, um etwas vorzutäuschen“
    In den Worten von Basti ausgedrückt: „Was ich nicht nachvollziehen kann ist, warum an jedem Unrecht immer ich schuld bin.“ Trotz Bewegungen gegen eine Verschleierung geht das Verschleiern also an höchster Stelle weiter. Die Kosten dieser Art des Frisierens sind nicht so ganz durchsichtig, scheinen sie doch nirgends gesondert auf sondern werden – wie manch Haarschnitt – unter den Teppich gekehrt.
  3. „die Leistung eines serienmäßig hergestellten Kfz-Motors durch nachträgliche Veränderungen steigern“
    War das Geilomobil auch frisiert? Hat es damals schon angefangen? Laufen da etwa auch schon Ermittlungen gegen eine Frisur? Ups, Person.

Eins, zwei oder drei – man muss sich nicht entscheiden, denn es gibt eine Gemeinsamkeit: koste diese Kurzarbeit was sie wolle, der Basti soll gut dastehen. Vor der Kamera. In Zahlen abgedruckt. Mit dem geilen Auto.

KURZsichtig, KURZsichtiger, am KURZsichtigsten

Wenn gabriele etwas nicht versteht, fragt sie nach. Zieht auch mal ihren Freund und Helfer Dr Google zu Rate. Oder seinen Genossen, Herrn Duden. Der Dr sagt: „Kurzsichtigkeit ist eine Fehlsichtigkeit des Auges, bei der entfernte Dinge unscharf sind.“

OK, gabriele versteht. Die Dinge im unmittelbaren Umfeld, die sieht man klar. Alles, was etwas weiter weg ist, verschwimmt oder verschwindet gar aus dem Bild. Solche Dinge, die verschwommenen, im Meer schwimmenden oder ganz hinter Schleiern verschwundenen, die muss man dann gar nicht mehr (be)achten. Die haben ihre eigenen kurzsichtigen Menschen im unmittelbaren Umfeld, vor Ort quasi. Praktisch irgendwie!?

Weiters sagt der Dr: „Kurzsichtigkeit ist eine angeborene oder erworbene Fehlsichtigkeit des Auges.“ Aha, in die Wiege gelegt. Gut eingepackt in die türkise Wolldecke vielleicht? Oder eben erworben. In diesem Zusammenhang wohl nicht käuflich erworben, sondern eher (geistig) angeeignet. Diese Theorie versteht gabriele an sich. Warum man sich allerdings Kurzsichtigkeit aneignen möchte, das versteht sie weniger.

Auch Herr Duden zeigt schwarz auf weiß, was das Wort „kurzsichtig“ bedeutet:
„1. An Kurzsichtigkeit leidend
2. nicht an die Zukunft denkend, sondern in ungenügender Weise nur das Nächstliegende beachtend.
BEISPIELE
eine kurzsichtige Politik betreiben
– kurzsichtig handeln“

Während Wortwiederholungen durchaus ein von gabriele gern eingesetztes Stilmittel sind, langweilen sie wiederholte Wiederholungen manchmal. Kurzsichtig, kurzsichtiger, am kurzsichtigsten. Dann sehnt sich gabriele nach Vielfalt, nach Diversity, wenn man so will. In solchen Fällen bittet sie Herrn Duden um Synonyme. Er muss meist nicht lange nachdenken, auf Knopfdruck stehen sie bereit, die Alternativen:

„andere Wörter für kurzsichtig:
fehlsichtig, sehbehindert
Medizin: myop, schwachsichtig
beschränkt, kurzatmig
umgangssprachlich: eng
abwertend: borniert, engstirnig“

Menschen, die entfernte Dinge unscharf sehen, sich diese Sichtweise angeeignet haben und engstirnige Politik betreiben. Könnte man das kurz so sagen? Kurz so nachsagen? Das fragt sich gabriele mit der Brille auf der Nase. Mit einer Brille, die sie trägt, um ihre angeborene Kurzsichtigkeit zu korrigieren.

von Äpfeln, die vom Stamm fallen

Falls gabriele hier das wiederholt, was andere bereits vor längerer Zeit gesagt haben, vor zwei Jahren oder so, dann gibt es eventuell einen Grund dafür. Das Wiederholen von Dingen, die bereits gesagt wurden, könnte in gabrieles Fall auf ihre „langjährige“ Tätigkeit als Basti-Beraterin zurückgeführt. In der Familie sagt man in solchen Fällen: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. So ist es eben auch, wenn man lange mit jemandem zusammenarbeitet. Dinge färben ab. Man wird quasi Familie. Oder aber man färbt die Dinge um, ändert Hintergrundfarbe und Schriftzug z.B. und denkt, dass es die anderen nicht merken.

So soll es auch den Besten unter uns gehen. Oder zumindest den G’scheitesten? Oder waren es die Mächtigsten? Kurz und (mehr oder weniger) gut, gabriele hat (eben vor länderer Zeit) gelesen, dass der Basti „einer (ist), der unsere Sprache spricht“. Wie es auch der Herbert zu sein scheint. Wie es auch der Jörgi schon von sich gesagt hat. Diese Aussage hat sie nicht losgelassen. Recht lange nicht. Solange, bis sich gabriele die essentielle Frage gestellt hat: Welche Sprache ist unsere Sprache???

Da gabriele drei Sprachen und einen Dialekt gelernt hat fragt sie sich, ob es eine dieser Sprachen ist, die der Basti spricht. Dass er mal an einer renommierten Universität in einem Land war, das gabriele auch eine Zeit lang ihr Zuhause nannte, dass man in jenem Land eine andere Sprache als „unsere Sprache“ bezeichnet, als dies in Österreich der Fall ist, macht die Sache schon schwieriger. Immerhin sprechen zumindest gabriele und Basti mindestens zwei Sprachen, die sie als „unsere Sprache“ bezeichnen könnten. Welche von denen ist es nun?

Beim zweiten Blick auf das Werbefoto fällt gabriele auf, dass nur Frauen im Bild sind. Der Quotenmann – hier zählen wir Basti nicht mit, er ist ja der Kanzler – ist weit im Hintergrund und verschwommen. Darf man daher annehmen, dass Basti die Sprache der Frauen spricht? Versteht er uns? Uns Frauen?

Sollte er mit „uns“ doch nicht uns Frauen meinen, wen denn sonst? Wessen Sprache spricht er? In seinen öffentlichen Statements, von denen es in den letzten Monaten doch das ein oder andere und noch einige mehr gegeben hat, adressierte er immer wieder die Österreicherinnen und Österreicher, hin und wieder auch alle, die in Österreich leben. Könnte es sich um diese Menschen handeln? Spricht er deren Sprache? Daraufhin kommt gabriele gleich eine weitere Frage in den Sinn: welche Sprache ist denn die Sprache der Österreicherinnen und Österreicher und all derer, die in Österreich wohnen. Es folgt ein Abstecher zu Dr Google. Auf ihre Suchanfrage „Wie viele Sprachen werden in Österreich gesprochen“ antwortet ihr der Dr so schnell das WLAN erlaubt:

„Laut österreichischer Parlamentsdirektion wurden zur Zeit der letzten Volkszählung (2001) in Österreich rund 250 Sprachen gesprochen.“ Bist du deppert, der Basti muss wahnsinnig g’scheit sein!

Da sieht gabriele den zweiten Eintrag unter den Antworten und nimmt an, dass sich dieser auf den Herbert bezieht. Auf den Herbert, der ja auch von sich behauptet, dass er „einer (ist), der unsere Sprache spricht.“ Der zweite Eintrag unter der Suchanfrage lautet:

„Ähnliche Fragen:

Welche Sprachen gibt es in Österreich?

Deutsch.“

Klar und deutlich steht es da. Als hätte es Herbert selbst dort hingetippt. Einer, der unsere Sprache spricht. Unsere eine Sprache. Unser Deutsch. Das ist der Herbert. Auf seinem Plakat steht rechts eine Polizistin, links ein Polizist. Zumindest das mit der Gleichberechtigung hat er wohl besser im Griff als der Basti.

Der Jörgi, der dritte im Bunde und doch der erste, der „einer (war), der unsere Sprache spricht (bzw sprach)“, der betonte, dass er EINER ist. Ganz groß geschrieben. Einer wie kein anderer – das auf jeden Fall. Hatte er damals schon eine Vorahnung, dass es andere geben wird, die unsere Sprache sprechen werden? War er ein Trendsetter? Wusste er, dass es in der Zukunft Äpfel geben wird, die nicht weit vom Stamm fallen?

Fotos via Florian Klenk auf Facebook. vor längerer Zeit mal. Aber immer noch relevant. Oder eventuell relavanter denn je, denkt gabriele.

😘😘😘 usw.

gabriele mag Emojis. Im richtigen Kontext. Manchmal erleichtern sie das Kommunizieren. Trotz Sehnenscheidenentzündung kann man z.B. mit wenigen Clicks schon ganz viel sagen. Auch rein auf Emojis basierende Konversationen sind möglich, manchmal sogar lustig. gabriele versucht allerdings, ihre Emoji-Vorliebe auf private Konversationen zu beschränken und im professionellen Austausch auf einem Minimum zu halten. Hin und wieder ersetzt ein Daumen hoch einen ganzen Satz. Ein freundlich lächelndes Gesicht ein Dankeschön. Dem Arbeitgeber einen Kussmund zu schicken, oder er ihr, davon distanziert sie sich eher.

Die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf scheinen für manche Emoji-Benutzer jedoch so weich, als wären sie einem Weichzeichner-süchtigen Grafiker in die Finger geraten. Da kann es schon mal passieren, dass die Grenze zwischen einem Dankeschön und einem Smiley verschwimmt. Vielleicht sogar zwischen einem Dankeschön und einem Kussmund.  Wenn man die Weichzeichner-Funktion zu oft einsetzt, sie überstrapaziert. So kann es auch sein, dass bei einer weichgezeichneten Work-Private-Life Balance die Grenze des Emoji-Einsatzes irgendwo im Nirvana der Kommunikaitonskonventionen landet. Wenn dem so ist, kann es wiederum sein, dass solche Grenzgänge auch nicht Betroffene interessieren und wiederum deren eigene Konversationen stimulieren. Die Twitteria, z.b., die nationalen und internationalen Medien, und natürlich auch jene Medien, die selbst lieber Bilder als Worte verwenden, weil ihnen das mit der Rechtschreibung in langen Texten, den vielen Worten, ein wenig mühsam ist. Und weil Bilder manchmal mehr sagen als 1000 Worte. Emojis auch.

Nehmen wir einen fast fiktiven Fall her. Fast fiktiv, weil fast nicht vorstellbar, dass nicht fiktiv. Zwei Jungs, zwei ziemlich beste Freunde, schicken sich ein paar freundschaftliche Nachrichten. Üben sich in der Wort-kargen Konversation. Seiltanzend zwischen Geschäft und Privat. Es wäre noch mehr gegangen in Sachen Emojis, findet gabriele. Mit weniger Worten und mehr Bildern hätte man das Gleiche sagen können.

Ich liebe meinen Kanzler 👍🏻 👍🏻💪🏻💪🏻
Ich liebe meinen 👑 👍🏻 👍🏻💪🏻💪🏻
Ich ❤️ meinen 👑 👍🏻 👍🏻💪🏻💪🏻
Ich ❤️ 👑 👍🏻 👍🏻💪🏻💪🏻
❤️ 👑 👍🏻 👍🏻💪🏻💪🏻

Wenn der 👑 nicht einen 😘, sondern gleich 😘 😘 😘 schickt, während er einem das Türkise vom Himmel verspricht, dann darf man auch mit Liebe reagieren. Alles andere wäre unhöflich? Unangebracht? Würde der 👑 nicht verstehen, weil er auch lieber die bebilderten Zeitungen liest? Das fragt sich gabriele.

Survival of the (Slim)fittest

gabriele hat in der Schule Latein gelernt. Noch dazu war ihr Großvater Lateinlehrer. Diese Sprache wurde ihr quasi in die Wiege gelegt. So glaubte sie zu wissen, was einige lateinische Begriffe der Alltagssprache bedeuteten. Vor allem häufig verwendete, wie Koalition zum Beispiel. In letzter Zeit zweifelte sie allerdings an ihrem Wissen. Denn das, was sie zu wissen glaubte, stimmte nicht mit dem überein, was sie sah. Weil der Latein-Großvater nicht mehr ist, fragte sie Wiki. Wiki weiß alles. Oder vieles.

„Eine Koalition (von lateinisch coalitio ‚Zusammenwachsen‘, ‚Vereinigung‘, ‚Zusammenschluss‘)“ *

Nach dem Lesen war sie nicht wirklich weiser. Sie wusste nun, dass ihr Verständnis des Wortes korrekt war, dass der Großvater sich ob ihres vergessenen Spracherbes nicht im Grab umdrehen musste. Sie verstand aber immer noch nicht, wie dies mit der Realität zusammenstimmen sollte. Da gab es doch diese Koalition. Aber von Zusammenwachsen, Vereinigung und Zusammenschluss war keine Spur. Also recherchierte sie weiter.

„Echte Koalitionen gab es früher in Österreich (…)“ *

Echte Koalitionen. Interessantes Adjektiv. Früher also. War es nicht so eine echte Koalition wie früher, sondern vielleicht eine Koalition zwischen ÖVP und NVP? Die andere Farbe nahm man mit auf Pressekonferenzen, weil es sein musste? Sie spürte, dass sie der Sache langsam auf der Spur war. Also las sie weiter.

„Die in den Koalitionen ausgehandelten Besetzungen der Bundesminister sind von großer Bedeutung, weil diese in ihrer Amtsführung weitgehend weisungsfrei sind, der Bundeskanzler als Regierungschef ist nur ein primus inter pares im Ministerrat als oberstem beschlussfassenden Organ der Administrative, das aber nur allgemeine Leitlinien vorgibt.“ *

Weitestgehend weisungsfrei. Außer es ist wer grad verhindert. Im Krankenhaus oder so. Da kann man dann schon eingreifen. Muss man quasi. Und schon wieder ein lateinischer Begriff. Es heißt Wiki-Link folgen. Denn Wiki weiß alles. Oder vieles.

„Ein primus inter pares (lateinisch für „Erster unter Gleichen“, weiblich prima inter pares) ist ein Mitglied einer Gruppe, das dieselben Rechte innehat wie alle anderen auch, aber trotzdem eine erhöhte Ehrenstellung genießt. Diese Stellung hat meist repräsentativen Charakter und ist mit keinen Privilegien verbunden.“ *

Verwirrungsalarm – Erster unter Gleichen. Samma erst oder samma gleich? Sind manche gleicher als gleich? Und dann wieder ein Hinweis: Ehrenstellung – auf Fotos und so? Ja, das hat gabriele schon öfters beobachtet. Als sie glaubt, zurück auf die Spur gefunden zu haben, folgt auch schon der nächste Rückschlag. Keine Privilegien. What? Gleicher als gleich, aber keine Privilegien? Da soll eine noch mitkommen.

Sie versteht also das Koalitions-Wort nicht. Auf lateinisch schon, auf österreichisch nicht. Sie scheint damit nicht allein zu sein. Denn der, der für Gesundheit aller zuständig war und nun auf seine eigene schaut, der, der für Tiere zuständig war und sich nun seinem eigenen widmet, der schien es auch falsch verstanden zu haben. Das Zusammenwachsen. Die Vereinigung. Den Zusammenschluss. Wie in der Tierwelt, die mal zu seinen Aufgaben gehörte, warteten sie schon auf das Fressen. Die Raubtiere. Jene, die den König der Löwen füttern und streicheln, jene, die andere gerne zerfleischen – in Sozialen Medien. Sobald der letzte Atemzug als Minister getan ist standen sie zur Stelle. Dann warten sie aufs Frischfleisch und der „cycle of (coalition) life“ beginnt von vorne.

Sogar der Wolf ist schon so verwirrt, dass er Namen verwechselt, ob der sich ständig ändernden Beute in diesem sich ständig erneuernden Zyklus. Die Menschen in Ehrenstellung (aber ohne Privilegien) und deren Gefolge haben ihr Beuteschema nicht geändert: alles, was Wählerstimmen stehlen könnte, muss weg. Koste es, was es wolle.

Er ist nun vielleicht mit seinem Latein am Ende, aber in der Tierwelt kennt er sich aus. Er weiß: wenn ein Herrchen oder Frauchen die Hundeschule abbricht, dann nutzt alle Freunderlwirtschaft zwischen Mensch und Tier nichts mehr. Irgendwann wird er oder sie es bereuen. Irgendwann wird ihm der Hund auf den Kopf scheißen. Mal schauen, ob das bei studienabbrechenden Buberln auch zutrifft. Ob sie irgendwann das nicht-Abschließen des Jusstudiums bereuen werden. Weil irgendwann einer seinen Kanzler nicht mehr lieben wird. Weil ihm irgendwann ein Freunderl auf den Kopf scheißen wird, wenn sie anderswo noch mehr als alles bekommen. Bis dahin gilt: Survival of the (slim)fittest.


Alle sind fies zu Basti

Es ist …
…wie wenn man vor dem Mittagessen die Schokokekse isst, obwohl die Mama gesagt hat, dass man es nicht darf. Die Verpackung versteckt man an einem sicheren Ort, hinter dem Heizkörper z.b. (oder in der Schreibmaschine?) Da wird eh nie geputzt, da entdeckt sie niemand. Oder man zerreißt sie in kleine Stücke, shreddert sie quasi. Beweismaterial verstecken oder vernichten. Niemand wird’s erfahren.

Bis der Freund zu Besuch kommt. Inzwischen ein „Ex-Freund“. Der „Ex-Freund“, der einem gezeigt hat, dass schwarz mit einem leichten Blaustich – zart türkis vielleicht – Wählerstimmen bedeutet. Seine Haltung hat ein wenig abgefärbt. Dieser „Ex-Freund“ entdeckt sie nun aber, die leere Kekspackung. Schreit laut, damit es die anderen hören. Will einen bloßstellen. Schnell erzählt man das Märchen von der Insel, auf der es auch im Sommer Schnee gibt, das perfekte Ablenkungsmanöver, wenn es im eigenen Lager etwas eng wird.

Es ist …
…wie damals, als man als Kind einen Alibi-Freund hatte. Er lässt einen selbst stärker aussehen, besser dastehen. Einen Freund, der alles macht, um Freund zu bleiben, weil er tatsächlich daran glaubt, dass er selbst dann auch stärker aussieht. Bei den anderen. Der glaubt, er würde auch einmal spielen dürfen, nicht nur daneben stehen. Wenn es dem Alibi-Freund mal nicht so gut geht, dann ist der Zeitpunkt gekommen, ihm zu zeigen, was Freundschaft bedeutet. Man übernimmt das Ruder, das man eh immer in der Hand hatte. Hilfsbereit. Quasi. Funkt ein bisschen dazwischen, zeigt, wie unfähig der andere und dessen Helfer, wie fähig man selbst ist.

Es ist …
…wie wenn man als Kind in die Hose gemacht hat und den Gestank in die Schuhe eines anderen Kindes schiebt. Das geht so lange gut, bis ein Erwachsener (oder ein noch nicht gekaufter Journalist) recherchiert, wo sie denn wirklich am Dampfen ist. Die Kacke. Da ist man froh, wenn die (nun vormalige) Kollegin einkaufen war, über der Grenze, und sich einen Artikel (oder gar eine Art Titel?) gekauft hat. Journalist abgelenkt, Kurz-kömmnisse des Buben mit „wichtigeren“ Headlines verdrängt.

Es ist…
… wie wenn man im Sandkasten spielt und diesen ganz für sich und seine Freunde beanspruchen mag. Diesen riesengroßen Sandkasten. Mit Spielzeug, von dem schon viele gesagt haben, dass es verfügbar wäre, dass sie es gerne teilen würden. Dass es noch andere gäbe, die auch teilen würden. Man will aber den Sandkasten mit allem Spielzeug für sich allein. Man will nicht teilen. Wo kämen man da hin. Bald würde jeder jemanden kennen, der sein Spielzeug geteilt hat – et voilà. Wenn einer die Sandburg zerstören will, dann „passieren“ zufällig solche Worte, bevor man irgendwann das Licht am Ende des Sandtunnels zu sehen vorgibt. Oder war es doch nur ein in der Sonne reflektierendes Sandkorn?

Es ist…
…wie wenn man mit Straßenkreide den Hinterhof verschönert. Nicht die Straße, nur den Hinterhof, wo es keiner sieht. Da kann man dem heimlichen Schwarm auch mal heimliche Botschaften hinterlassen. Sieht eh niemand. Und es soll regnen kommen. Ist eh alles in Kürze wieder weggewaschen. Doch dann kommt er nicht, der Regen. Die Nachricht bleibt. Immer noch im Hinterhof. Bis jemand sich in dorthin verirrt. Und sie liest. Und sie weitersagt. Und man sich überlegen muss, wem man als nächstes den Gestank in die Schuhe schieben kann, bevor sich die Bremsspur in der eigenen Unterhose manifestiert. Hoffentlich made in Austria. Die Bremsspur sicher, die Unterhose?

Es ist…
…wie wenn ein Haargel-verliebtes Pubertier am Werk ist, das alles für ein Stagediving oder ein Fotobombing mit Staatsfrauen (Männer sind mitgemeint) tut. Dessen Motto „Dabeisein ist alles“ ihn durch Pressekonferenzen begleitet. Dem man wünschen würde, dass es nicht nur für Corona, sondern auch für Werte, Reife und staatsmännische Haltung eine Impfung gäbe. Aber vielleicht hat auch das die EU vermasselt. Oder sonst wer. Ganz bestimmt sonst wer. Ganz bestimmt nicht er. Denn das wäre nicht fair.

Die göttliche Ordnung & Schürzen

Sie hat auf Insta eine Grafik mit dem Titel „Mutti hat viele Aufgaben“ gesehen, die anscheinend aus einem aktuellen Schulbuch stammen soll. Das Bild der kochenden, Schuhe-putzenden und Hemden-stärkenden Hausfrau und Mutter vermischt sich in mit den Gedanken aus dem Meeting, aus dem sie gerade kommt. Der Personalchef, der Finanzchef, der Betriebsrat und der Leiter der Sozialabteilung (nein, sie hat das Gendern nicht vergessen, da saßen tatsächlich nur Männer am Tisch) fragten, ob sie die 30-jährige, hochqualifizierte Akademikerin mit relevanter Erfahrung wirklich einstellen möchte. Frisch verheiratet, da sei der Kinderwagen ja praktisch schon gekauft, das Babykäppchen schon gestrickt. Der Name eines männlichen Bewerbers, deutlich weniger qualifiziert, wurde in die Runde geworfen. Sein Name verrät, dass es sich um einen Mann handelt und aus sicherer Quelle weiß sie, dass er der gleichen Partei angehört, wie der Personalchef und mit einem der leitenden Mitarbeiter an Wochenenden regelmäßig Karten spielt. Der Job wurde ihm mit seinem Geschlecht in die Wiege gelegt, das Parteibuch hat den Job fast garantiert, in der Männerrunde wird bei einem Bier drauf angestoßen.

Bevor die hungrigen Wölfe (man nennt sie auch Teenager) nach Hause kommen, kocht sie noch schnell etwas. Das Officeoutfit hat sie noch nicht abgelegt und daher überlegt sie kurz, ob sie die Mantelschürze der alten Tante überziehen soll. Die Schürze der Tante, die in ihrer Jugend dafür gekämpft hatte, dass sie als Frau in die Handelsschule gehen darf. „Wofür braucht eine Frau einen Schulabschluss??“, fragte sich ihre Familie!? Sie setzte sich durch, ging in die Handelsschule. Was die Schürze aus den 50er Jahren versinnbildlicht, das mag sie nicht. Die Schürze selbst hingegen mag sie sehr, weil sie sie von dieser starken Frau geerbt hat. Der Gedanke, dass die braven Hausfrauen von damals im Sommer nur sehr wenig unter diesen Mantelschürzen trugen, bringt sie immer wieder zum Schmunzeln. Irgendwie geil, das Retro-Teil.

Sie zieht die Schürze trotzdem nicht an, obwohl oder gerade weil die Klassenlehrerin des zweiten Kindes beim letzten Elternabend die Rolle der Schürzen-tragenden Frauen ganz klar beschrieben hat: „Wenn Ihr Kind von der Schule nach Hause kommt, eine Unterschrift braucht und Sie (wahrscheinlich) gerade mit Kochen oder sonstiger Hausarbeit beschäftigt sind, dann wischen Sie sich die Hände an Ihrer Schürze ab und unterschreiben seine Schularbeit. Sogleich!“ Die Juristin, die Wirtschaftlerin und die Kindergartenpädagogin, deren Kinder gemeinsam in diese Klasse gehen, hörten hinter der Schulbank sitzend sprachlos zu. Eine sagte (mehr zu sich selbst als zu irgendwem): „Ich kann gar nicht wirklich kochen. Bei uns kocht immer der Mann.“

Gehört die Lehrerin zu den Frauen, bei denen um 12Uhr Mittags der Tisch gedeckt und das Essen fertig ist? Immer? Gehört sie zu den Frauen, die den Mann fragen, ob sie neue Kleidung kaufen „dürfen“? Er verdient ja schließlich mehr, sie selbst arbeitet nur „ein bisschen“. Gehört sie zu den Frauen, die über andere Frauen redet, wenn sie wieder arbeiten gehen, wenn sie doch Ehefrau und Mutter ist und der Mann eh gut verdient? Warum dann arbeiten gehen? Gehört sie zu den Frauen, die über andere Frauen tratscht, wenn diese an einem Vormittag in einem Café „ertappt“ wird? Denn eigentlich sollten sie ja mit umgebundener Schürze, für den Mann im Hause feinst hergerichtet, zu Hause sein und kochen. Oder abwaschen. Oder den Einkauf wegräumen. Oder die Wäsche machen. Oder die Wäsche bügeln. (Hemden und Schürzen stärken nicht vergessen!) Oder Fenster putzen. Oder staubsaugen. Oder Schuhe putzen. Oder nähen. Oder die Hände abwischen und die Schularbeit sogleich unterschreiben, wenn das Kind von der Schule nach Hause kommt. Denn Aufgaben hat Mutti schließlich viele.

Dem Kind bei der Hausübung zu helfen, das ist auch noch so eine Aufgabe von Mutti. „Gleichberechtigung und Rollenbilder im Laufe der Zeit“ – das ist der Titel des zu schreibenden Aufsatzes. Die Aufgabenstellerin ist besagte schürzentragende Lehrerin. „Wenn Papa mit deinem Bruder vom Baby-Schwimmen nach Hause kommt, ihn gewickelt und ins Bett gebracht hat, dann kannst mit ihm reden. Er hilft dir sicher gern! Ich erzähl dir dann morgen vom Film.“, sagt sie zum Kind, zieht sich um und geht ins Kino. „Die göttliche Ordnung“ läuft gerade. Die Klassenlehrerin sollte sie vielleicht gleich mitnehmen, aber nur, wenn sie die Schürze ablegt und ihre Augen öffnet für das, was sich diese Frauen hart erkämpften, in einem uns bekannten Land, vor gar nicht allzu langer Zeit….

Alles hat ein Ende….auch der Teenage-Crush

In ihrem Elternhaus gab es keine Illustrierte, nur das Kirchenblatt, das sie ehrenamtlich verteilte, weil ihre Mutter sie ganz freiwillig dazu angemeldet hatte. Jeden Samstag steckte sie die 12 Heftchen mit den News aus den lokalen Pfarrgemeinden in Briefkästen der Abonnent*innen. Da konnte auf dem Kaffeetisch kein Bravo neben solch heiliger Lektüre liegen. Veranstaltungskalender der Kirche neben den neuesten Konzertterminen? Das Wort zum Sonntag neben Dr. Sommers? Das Bild vom Bischof neben aktuellen Popidolen? Auch im Schlafzimmer war das Bravo so wenig erlaubt, wie pubertierende Teenager der männlichen Variation. Schundheft und Jungs gleichzeitig schon gar. Den Ärzteroman in der Nachtischschublade des Elternschlafzimmers, Frauenseite, erwähnte nie jemand. In dem Zimmer gab es immerhin ein Schlüsselchen mit Weihwasser, gleich neben dem Lichtschalter – das war wohl der Ausgleich.

Das Poster als Beilage in die Mitte des aktuellen Bravo der Freundin geheftet schlich sich dann doch ins Haus. Gern gab es die Freundin nicht her, aber sie wusste, wie viel es ihr bedeutete. Herzklopfend radelte sie von der Nachbargemeinde nach Hause, seine langen, schwarzen, welligen Haare sah sie in ihrem geistigen Auge im Fahrtwind wehen. Wenn jemand verstand, wie eine Fönfrisur geht, dann seine Friseuse. Wenn jemand wusste, wie man eine Fönfrisur trägt, dann er. Sein Lächeln war für immer auf diesem Poster festgehalten.

Das Lächeln von Thomas Anders. In ihrem Zimmer. Nur sie zwei. Zumindest auf billigem Papier gedruckt. Dass das gleiche Poster noch in tausenden anderen Jugendzimmern die Herzen junger Mädchen höherschlagen ließ, zählte in dem Moment nicht. Denn sein Lächeln galt nur ihr. Ihr ganz allein. Dieter, der neben ihm stand, konnte ihm das Wasser nicht reichen. Für sie war er unsichtbar. Quasi weg retuschiert. Die Liebe dauerte bestimmt Wochen, mehr als drei zumindest.

Jahre nachdem sie die Karriere der Kirchenblattverteilerin hinter sich gebracht hatte, flatterte das Angebot der Wiederaufnahme eben dieser Karriere noch einmal ins Haus. Nach reiflicher Überlegung lehnte sie höflichst ab. Jahre nachdem sie das Poster von Thomas (OK, und Dieter) von der Wand genommen und ihr Geschmack in Musik und Männern sich erweitert hatte, taucht sie auf. In ihrer Inbox. Die E-Mail von Dieter Bohlen. Was will er, nach all den Jahren? Warum Dieter und nicht Thomas? War sie damals einfach zu jung und er zu anständig? Fragen über Fragen – das Herz klopft. Er schreibt nicht nur EIN Mail, nein, gleich drei. Ungeduldig? Galt dieser sehnsüchtige Blick, der hinter dem blonden Vorhang hervorblinzelte, damals ihr? Hatte sie das übersehen, weil sie selbst nur Augen für Thomas hatte?

Nachdem ihr Herzschlag wieder im normalen Bereich liegt erinnert sie sich an die Worte von Stefan Remmler: „Alles hat ein Ende….“. Sie markiert alle drei Mails und drückt auf „in den Papierkorb bewegen“. Es ist Zeit für Neues. Neue Musik, neue Frisuren, neue Lektüre.