Die Hoffnung stirbt zuletzt

Sie waren wieder in allen Medien, die Männer in Anzügen, die die Reflexion ihrer immer perfekten Frisur in der Linse der Kamera viel zu gern sehen, die sich gern mit anderen Ländern vergleichen und in den Statistiken ganz vorne sein wollen, die lieber an Wintertourismus und Weihnachtskonsum als an Menschlichkeit und an die Kinder hier im Lande und anderswo denken, die von Solidarität reden, die sie an der Spitze selbst nicht leben, und die Männer, die den Frisurenmännern alles nachplappern, indem sie sieben Mal so viele Wörter verwenden, und die Männer, die so vieles versprechen obwohl sie wissen, dass sie es nicht halten können, und die Männer, die sagen, dass sie alles besser machen würden, weil sie doch einer anderen Partei angehören, die grad nicht an der Macht ist und daher nur an Fehlern im Tun der an der Macht stehenden Männer in Anzügen mit schönen Frisuren interessiert sind und auch nicht an Menschen, und die ein bis zwei Frauen, die da mitspielen – sie waren wieder in allen Medien. Heute. Gestern. Und morgen werden sie es auch sein. Vielleicht machen sie es vor allem aus Solidarität zu ihren Eltern oder Großeltern, die vielleicht die ganzen Medienberichte ausschneiden, um ein Erinnerungsalbum zu machen, weil sie vielleicht stolz sind aufs Kind oder aufs Enkerl. Die Kinder und Enkerl wissen, dass die Eltern und Großeltern dann zu Hause bleiben und schneiden und kleben und nicht hinausgehen. Aus Solidarität. Vielleicht machen es die Männer in Anzügen also doch für andere. Vielleicht aber auch nur zur Selbstdarstellung.

Nun haben diese Männer erreicht, was sie erreichen wollten. An erster Stelle zu stehen. Und das weltweit. Nun ist Österreich das Land mit der – bezogen auf die Einwohnerzahl – höchsten Neuinfektionsrate weltweit. Die Briten sagen in so einem Fall nicht, dass die Kacke am Dampfen ist – das wäre ja mit Masken noch auszuhalten. Das erleben wir in ländlichen Regionen Österreichs zu dieser Jahreszeit regelmäßig. Stinkt a bissl aber auszuhalten. Nein, die Briten würden sagen: the shit hit the fan. Und wie das aussieht, wenn die Kacke in einen Ventilator gerät, das kann man sich ausmalen, oder einfach die Statistiken lesen.

Wenn der „ich schau gern in die Linse“ Kanzler das Phänomen des exponentiellen Wachstums, das er so gern erklärt, selbst versteht dann weiß er, dass im Moment noch kein Licht kommt. Sondern eher ein shit & fan Szenario. Aber erst mal wollte er das mit dem exponentiellen Wachstum noch ein paar Mal erklären, bis es perfekt im Kasten war. Falls er mal eine Karriere als YouTuber anstrebt, hat er dann gleich sein Video – wie dieser Mathe Lehrer, der mit seinen Lernvideos viral ging. Das wäre was für ihn – Kamera-Erfahrung hat er schließlich genug, Follower auch (noch). Und dann, wenn das erledigt ist mit dem Filmen und ein/zwei Ankündigungen von Pressekonferenzen und ein/zwei Pressekonferenzen, dann hat er reingehaun. Mit dem exponentiellen Lockdown.

Nun sind die neunen Regeln eh schon klarer, als beim ersten Lockdown, aber gabriele versteht noch nicht alle. Vielleicht könnte der Linsen-Kanzler ein Erklär-Video drehen für sie? Also – die Schulen sperren zu. Fernlehre ist angesagt. Die sieht dann so aus, dass manche Schüler*innen mit 30cm hohen Stapeln an Kopiervorlagen nach Hause geschickt werden, inklusive einer Postkarte auf der steht: „wir sehen uns, viel Spaß!“, und andere täglich unzählige Stunden vor dem Computer im Unterricht sitzen werden, so sie einen Computer haben. Und eine stabile Internetverbindung. Und das gewählte Format auch funktioniert. Und die Lehrer*innen es zu benutzen verstehen. Die Schulen bleiben aber für den Betreuungsbedarf offen. Wenn nun ALLE Eltern Betreuungsbedarf haben, dann geht der Unterricht weiter, wie gehabt? fragt sich gabriele.

Die Grundversorgung bleibt offen. Wir müssen alle essen, auch die Tiere, sonst haben wir am Ende nichts zu essen – zumindest die Fleischesser nicht. Und wenn die Kühe nichts zu essen haben, dann gibt’s auch ka Milch. Manchmal brauchen wir etwas aus der Apotheke, gerade in dieser Zeit. Auch verständlich. Und manchmal etwas zum Rauchen oder ein Lottoticket. Gehört auch zur Grundversorgung? – gabriele fragt sich, ob sie nun anfangen muss zu rauchen?

Körpernahe Dienstleistungen müssen im Lockdown zumachen, allerdings wird den Dienstleistern bis zu 80% des Vergleichsumsatzes von Vorjahr ersetzt. Gilt das für alle „körpernahen Dienstleistungen“, auch jene, die als Freizeitangebot angesehen werden? Jene, die sehr körpernah sind? Bei denen Masken manchmal nicht dem Schutz gegen Viren, sondern persönlichen Präferenzen dienen? Bekommen die auch 80% des entfallenen Umsatzes ersetzt? auch das fragt sich gabriele.

Und wie macht der Kanzler selbst das mit den körpernahen Dienstleistungen, also mit dem Friseur? Einen Monat lang keine vom Experten aufgetragene Pomade? Dass er sonst die Experten nicht zu Wort kommen lässt, das hat gabriele inzwischen gelernt. Aber diese Frisur, die bringt er fix nicht selbst zustande. Vielleicht findet er ja einen YouTuber, der ihm das online zeigen kann.

Lockdown, zumachen, Kurve kratzen. Wir sehen uns am 7.12. Eine letzte Frage hätte gabriele diesbezüglich noch: Heißt das, dass es bis dahin keine Pressekonferenzen gibt? Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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