Ask Turkey!

Zum Glück ist jet-setten heutzutage in der digitalen Welt leicht, sogar ganz ohne das Sofa zu verlassen. So kann gabriele locker in der einen Woche Mr (noch) President of America, in der nächsten den GF des Medienmonopols ihrer Region (aber nicht ihres Vertrauens) beraten. Und das tut sie auch, mit Leidenschaft.

Lieber Gerold,

darf ich dich eh duzen, unter Vorarlberger*innen ist das doch üblich. Gleich vorweg möchte ich dir sagen: Lass dich von meinem Nachnamen nicht beirren – hab keinen Migrationshintergrund, hab nur mal einen Ausländer geheiratet. Alles gut. Die Kinder haben jetzt halt Migrationshintergrund und das beschäftigt mich schon ein wenig. Vor allem,  wenn ich die Schlagzeilen in euren Medien lese. Ganz spezifisch rede ich von einer aktuellen Schlagzeile in einem online Dienst, für den du dich wohl verantwortlich zeichnest.  18,2 Millionen Besucher*innen pro Jahr soll dieser online Dienst haben – so steht es auf der firmeneigenen Seite. Das sind fast 50 000 pro Tag. 7 von 10 Vorarlberger*innen verwenden ihn als Informationsquelle, sagt ihr. Der Gsiberger*innen zitieren gerne, was sie auf eurer Plattform gelesen haben, suchen nicht immer anderswo nach einer zweiten (fundierteren) Meinung. Das kann (sehr) gefährlich sein!

Korrigiere mich bitte, wenn ich das falsch verstehe, bin keine Germanistin, auch keine Journalistin: In fiktiven Texten kann man erzählen was man will. Vielleicht hat man einmal etwas hinter vorgehaltener Hand gehört, schnappt etwas auf, das offiziell aber niemand bestätigen will, oder leitet etwas von Annahmen ab. Wie z.B. dass etwa ein Kevin aus dem englischsprachigen Raum kommen muss und somit Mirgationshintergrund hat. Oder hat er das? Ali ganz bestimmt, denn das ist ein männlicher Vorname arabischer Herkunft, der bei allen islamischen Richtungen beliebt ist. Der hat fix Migrationshintergrund. Solche Dinge stehen also in fiktiven Texten und der Konjunktiv wird als beliebtes Stilmittel eingesetzt? In Nachrichten und sachlichen Texten auf der anderen Seite stehen Fakten und Zahlen, die recherchiert wurden und belegt werden können. Geschrieben wird im Indikativ, der für die Darstellung der Wirklichkeit vorgesehen ist. Stimmt das so?

Nun tu ich mir etwas schwer mit einem neulich bei euch veröffentlichten Text – wo kann ich den einordnen, wie verstehen? Die Schlagzeile lautete: “Neuinfektionen: Laut Land oft Migrationshintergrund” In Amerika sagt der Mann mit Wind im Haar: „Ask China!“ Könnte die nächste Überschrift „Ask Turkey“ lauten? Würde auch Aufmerksamkeit erregen, wäre bestens als Clickbait verwendbar. Oder war das der letzte Artikel auch? Clickbait?

Eine solche Schlagzeile und der dazugehörige Text wirft nicht nur die Frage nach der Textsorte  (fiktiv oder Tatsachenbericht) auf, sondern noch viele weiterführende Fragen: Würden meine Kinder, sollten sie sich infizieren, auch zu diesen „mitunter über 70“% gezählt? Und unser Herr Kurz, der Basti, wenn seine Oma doch aus Serbien kommt? Oder ist das anders, weil er Sebastian und Kurz heißt? Gleich doppelt sauber? Aber viel wichtiger: Was beabsichtigt dieser Text? Was will der Verfasser erreichen? Was hat Migrationshintergrund mit der Bekämpfung einer Pandemie zu tun? Kann man Menschen und Statistiken auf Namen und den Stammbaum des Namens reduzieren? Habe ich den Inhalt des Textes übersehen?

Zu guter Letzt wollte ich dich noch auf einen Fehler aufmerksam machen: Am Ende des Artikels steht: „Aufgrund der zahlreichen beleidigenden, hetzerischen und unsachlichen Kommentare innerhalb einer Stunde sieht sich die Redaktion veranlasst die Kommentarfunktion für diesen Artikel zu deaktivieren.“ War wohl ein Versehen, das eure IT Abteilung schnell beheben könnte: der beleidigende, hetzerische und unsachliche Artikel steht nämlich immer noch im Netz.

Normalerweise berate ich mein Gegenüber und eine Rückmeldung ist nicht nötig. gabriele macht die Ansagen, die Herren haben zuzuhören. In diesem Falle habe ich aber doch einige Fragen. Falls du grad Zeit hast….

gabriele

P.S.: Manche Journalist*innen, deren Texte ihr auf eurer Plattform veröffentlichen, sollten etwas mehr auf Rechtschreibung, Grammatik und korrektes Schreiben der Namen abgebildeter oder erwähnter Personen achten. Denn jene Partei, die in Wien „gute Deutschkenntnisse oder keine Gemeindewohnung“ verlangt, ist auch in Vorarlberg am Werkeln….

P.P.S.: die Texte von gabriele werden nicht lektoriert und Rechtschreibfehler sind durchaus menschlich. gabriele wird (noch) nicht von 50 000 Menschen pro Tag gelesen und ist (noch) keine Influencerin!

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