Pizza mit Oliven

Lieber Basti,

es ist Sonntag Nachmittag, die Vogerl zwitschern in den Bäumen, der Garten ruft. Ein Buch könnte man lesen, dachte ich mir. Und was gibt es da Besseres, als unter dem Blätterdach des Apfelbaumes ein paar Zeilen über meinen Basti zu genießen. Aber ich habe nicht gelesen, sondern verschlungen, das Buch. Kaum zu glauben – nicht meine Lesegeschwindigkeit, sondern was ich zu lesen bekam.

 „Inside Türkis“, so hieß die Lektüre meiner Wahl. Schon auf den ersten paar Seiten musste ich schlucken. Da heißt es doch, dass du dich bis heute einmal im Monat mit deinem sogenannten Machtzirkel in deinem privaten Wohnzimmer triffst, nicht selten bei gelieferter Pizza und Bier, und Strategie mit ihnen besprichst. Ein wenig vernachlässigt fühlte ich mich da schon. Dann hab ich aber mal genauer nachgedacht und überlegt, dass ich erwachsen bin und eine Frau noch dazu. Dein Machtzirkel besteht ja eher aus Männern. Da gehör‘ ich dann vielleicht doch nicht dazu!?

Ich hab versucht, mir ein Bild zu malen und da sind mir ein paar Fragen durch den Kopf geschossen. Da sitzt ihr also, hab ich mir vorgestellt, und strategiert. Aber:

Welches Bier mögt ihr?
Welche Pizza bestellt ihr?
Mögt ihr Oliven auf der Pizza?
Griechische?

Je mehr Fragen ich hatte, desto mehr begannen die Gedanken zu wandern. Von den griechischen Oliven nach Griechenland und da schossen nicht nur Fragen sondern auch Bilder durch den Kopf. Bilder von Kindern, die in einem ihnen fremden Land festsitzen. Manche von ihnen hinter Stacheldraht. Die meisten von ihnen ohne Dach über dem Kopf, Teilweise seit Monaten, teilweise seit Jahren. Teilweise mit nur einem Elternteil, teilweise mit keinem. Alleine. Dann ist mir das Bild einer Bekannten gekommen, bei der es vor Weihnachten, von 23. auf den 24.12 gebrannt hat. Bei ihr und ihren zwei Kindern. Weil sie vergessen hatten, eine Kerze zu löschen – quasi Brandstiftung. Ich erinnerte mich, wie Freunde, Bekannte und Nachbarn zu Hilfe gekommen sind: zum Ausräumen, zum Putzen, um Kleider und Essen zu bringen.  Am gleichen Abend noch hatten sie eine Ersatzunterkunft, durften in einem Bett schlafen, auch wenn es nicht ihr eigenes war, durften bei Freunden Weihnachten feiern. Haben die Kinder in Griechenland noch etwas, das einem Bett gleicht? Ihre direkten Nachbarn können ihnen nicht helfen. Ihre europäischen Freunde könnten es hingegen schon. Wenn sie kurz darüber nachdenken würden. Wenn sie kurz den Menschen in sich regieren lassen würden, nicht den Darsteller.

Da machte neben mir jemand ein Bier auf und das Geräusch holte mich schlagartig wieder aus der Tag(alp)träumerei. In Gedanken war ich nun wieder in deinem Wohnzimmer. Bei deinem Machtzirkel und den Herren auf dem kurzen Sofa, ihrer gemeinsam beachtlichen Kinderschar, euren engen Freundschaften zu deinem anderen Machtzirkel. Dem Machtzirkel der katholischen Kirche. Und mit der Rückkehr zum Sofa merkte ich die Erleichterung, nicht zu diesem Zirkel zu gehören. Mit der Rückkehr zum Sofa blieb schließlich nur eine Frage übrig: Was werden sie ihren Kindern sagen, wenn sie fragen: Ward ihr damals nicht dabei, als Onkel Basti keine Flüchtlinge aufnehmen wollte? Habt ihr ihn nicht beraten und unterstützt? Habt ihr nicht gemeinsam Pizza mit griechischen Oliven gegessen? Was werden sie ihnen sagen? Was wirst du ihnen sagen?

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